
„Kehrt mit seinem Besen rein in jedem Haus…“ so sang vor vielen Jahren mein damals wohl 5‑jähriger Neffe voller Inbrunst am Heiligabend die zweite Strophe von „Alle Jahre wieder…“.
WeiterlesenNein, seine Mutter war kein Putzteufel, die ihn mit einer vorweihnachtlichen Kehrwoche auf dieses Missverständnis gebracht hätte. Seitdem frage ich mich jedes Jahr, ob seine missverstandene Liedzeile vielleicht doch etwas von dem durchscheinen lässt, was Weihnachten wichtig ist:
Ein Mann hörte, dass Gott zu ihm kommen wollte. „Zu mir?“, schrie er. „In mein Haus?“ Er rannte in alle Zimmer, er lief die Treppen auf und ab, er kletterte zum Dachboden hoch und stieg in den Keller hinunter. „Unmöglich!“, schrie er. „In diesem Dreckstall kann ich keinen Besuch empfangen. Alles voller Gerümpel. Kein Platz zum Ausruhen. Keine Luft zum Atmen.“ Er riss Fenster und Türen auf. „Brüder! Freunde!“, rief er. „Helft mit aufzuräumen – irgendeiner!“ Er begann, sein Haus zu kehren. Durch dicke Staubwolken sah er, dass ihm jemand zu Hilfe gekommen war. Sie schleppten das Gerümpel vors Haus, schlugen es klein und verbrannten es. Sie schrubbten alle Böden und brauchten viele Eimer Wasser, um die Fenster zu putzen. Trotzdem klebte immer noch Dreck an allen Ecken. „Das schaffen wir niemals!“, schnaufte der Mann. „Das schaffen wir“, sagte der andere. Sie schufteten den ganzen Tag, und abends deckten sie den Tisch in die Küche. „So“, sagte der Mann, „jetzt kann mein Besuch kommen! Jetzt kann Gott kommen. Wo er nur bleibt?“ „Aber ich bin doch längst da“, sagte der andere und setzte sich an den Tisch. *)
Wie wäre es, wenn wir uns darauf einlassen könnten, dass Weihnachten bei uns „reinen Tisch“ macht, sozusagen unserem Leben einen Neustart ermöglicht? Vielleicht lässt sich das mit dem Besen und dem Kehren im dreckigen Stall von Bethlehem verbinden. Jesus kehrt nicht nur mit seinem Segen in die Welt und jedes Haus ein, sondern schafft zugleich die Voraussetzungen, dass dort auch Platz für ihn und einen Neuanfang ist. Machen Sie mit?
Wolfgang Tereick, Pfarrer i.R.
*) Lena Mayer-Skumanz: Jetzt kann Gott kommen!